Montag - Oktober - 06.10.2008 - 09:04 Uhr
» Im Segelflugzeug durch Wien
Sonntag, 5.10.2008: Am Spitzerberg ist österreichisches Motor- und Segelkunstfliegertreffen, wo wir mit der Fox natürlich nicht fehlen dürfen. Nachdem die übliche Anreise mit dem zerlegten Flieger im Transportanhänger eher unoriginell ist, wollen wir die Fox diesmal im Flugzeugschlepp von LOAU nach LOAS überstellen. Wir – das ist die schon vom Sonnwendfliegen erprobte Crew mit Günter Mayer in der Schleppmaschine und Roman Gschwandtner und mir in der Fox.
Für den Überstellungsflug von Stockerau zum Spitzerberg drängt sich natürlich die Sichtflugstrecke durch Wien besonders auf. Mit eher wenig Hoffnung auf Realisierbarkeit ruft Günter in Schwechat an und versucht unser Vorhaben darzulegen.
Überraschung Nr. 1: Statt in haltloses Gelächter auszubrechen und das ganze Vorhaben kategorisch abzulehnen, meint der Mann am anderen Ende der Telefonleitung, wir sollen erst mal einen Flugplan aufgeben.
Äh? - Wie füllt man einen Flugplan für eine Schleppmaschine mit einem Segelflieger hinten dran aus? Wurscht – ist eh Günters Aufgabe – wir packen inzwischen unsere persönlichen Sachen in die Remorqueur und ziehen die Fox mit dem Traktor zum Segelflugstart.
Überraschung Nr. 2: Der Flugplan wird tatsächlich akzeptiert, aber je nach Verkehr in Schwechat müssen wir eventuell übers Marchfeld ausweichen.
Nach dem Start wechseln wir in beiden Flugzeugen von der Stockerauer Frequenz auf Wien Tower und da ist für uns Segelflieger mächtig was los. Irgendwie schafft‘s Günter dann aber doch, unser Vorhaben zum Controller rüberzubringen.
Überraschung Nr. 3: „OE-KUB, entering control zone via VFR-route approved“ und schon fliegen wir mit 180-190 km/h im Schlepp-Verband und für einen Segelflieger beängstigend tief durch Wien. Außenlandefelder gibt’s eher wenig in der City, da bleibt im Ernstfall meist nur eine Wasserlandung im Entlastungsgerinne. Egal wie’s ausgehen würde – bei einem Seilriss wären wir am nächsten Tag sicher auf der Titelseite der Kronenzeitung.

Überraschung Nr. 4: Kurz vor Schwechat meint der Controller, dass wir „due to outbound traffic“ die Sichtflugstrecke nicht mehr weiterfliegen können.
Überraschung Nr. 5: „new heading direct tower“ – Günter braucht ungefähr 0,5 Sekunden um diese Anweisung zu verarbeiten und nimmt dann mit einem mächtigen Haken den beeindruckenden Schwechater Kontrollturm ins Visier. Neben uns startet eine Boeing 737 und fliegt genau durch unsere geplante Strecke über die Donau in Richtung Marchfeld.

Ein paar Sekunden vor dem Einschlag im Reich der Controller dürfen wir wieder auf die Sichtflugstrecke zurück, nicht ohne den Hinweis auf die Wirbelschleppen des Jets. Die ganze Aktion muss auf die Tower-Besatzung und die Passagiere in der 737 auch recht einsdrucksvoll gewirkt haben.
Hier ist die Aufzeichnung unseres GPS-Loggers:

Der weitere Verlauf des Überstellungsfluges ist unspektakulär.

Dafür ist die Landung wieder standesgemäß mit Kunstflugprogramm und langer Landung zum Vorfeld. Ungefähr 3m über dem Boden sagt uns der Betriebsleiter, dass der Rollweg neben uns zum Landen besser geeignet ist, was aber für gestandene Kunstflieger in einem geeigneten Fluggerät keine große Aufgabe ist. Der Rest des Tages besteht aus insgesamt 15 Kunstflügen und einer gemütlichen Heimreise übers Marchfeld.
Abschließend nochmals herzlichen Dank an die gut aufgelegten Controller vom Tower, die uns diesen Wahnsinnsflug erst ermöglicht haben.




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» von Josef Reithofer